Die Geschichte des Weins

Trauben werden wohl bereits seit der Jungsteinzeit verarbeitet. Der Weg zum eigentlichen Wein wurde geebnet, als die Menschen sesshaft wurden. Sie bauten gezielt Reben an und hatten durch ihren festen Wohnsitz die Möglichkeit, den idealen Erntezeitpunkt abzuwarten.

Dies geschah nicht etwa in unseren Breitengraden, sondern im heutigen Georgien und Armenien. Die ältesten gefundenen Spuren des Getränks deuten darauf hin, dass dort bereits vor 8000 Jahren Wein angebaut wurde. Die bislang älteste gefundene Kelteranlage wurde im heutigen Iran gefunden. Sie ist über 7000 Jahre alt.

Wein aus der persischen Stadt Schiraz galt bald als der beste des Mittleren Ostens. Nach dem Ort ist auch die (viel später in Frankreich entstandene) Rebsorte Syrah benannt. Im 17. Jahrhundert begann man, den Wein in Flaschen abzufüllen und zu exportieren. Bald hatte das Getränk Fans in Frankreich und England und wurde in den höchsten Tönen gelobt.

Die Erfolgsgeschichte fand ihr Ende mit dem Regimewechsel 1979: seither sind Alkohol und auch die Weinproduktion im Iran strikt verboten. Heute werden in Schiraz auf einer Rebfläche von 220’000 ha frische Trauben und Rosinen produziert – alles andere wird bestraft.

Über die Erfindung des Weins gibt es eine persische Sage: „Es steht geschrieben, dass ein König seine Trauben im Keller lagerte. Diese gärten nach einiger Zeit und somit begann die Weinkultur. Man dachte zuerst, die Trauben seien von bösen Geistern besessen und vergiftet. Als die Königin von diesem wohlschmeckenden Getränk nahm, um vor ihrer Migräne in den Selbstmord zu fliehen, wurde sie nicht nur von ihren Kopfschmerzen befreit, sondern sie wurde in fröhliche Stimmung versetzt. Aus diesem Grund wurde der Wein zum offiziellen Getränk.“

Kurz gesagt: sie wollte eigentlich sterben, trank Wein und wurde glücklich – wenn’s nur immer so einfach wäre!

Aber zurück nach Georgien: Hier wurde (und wird bis heute) mit sogenannten Quervis gearbeitet. Dies sind Tongefässe, welche von Hand hergestellt werden und die man nach dem Brennen innen mit Bienenwachs bestreicht, um sie abzudichten. Die fertigen, oft riesigen Gefässe werden daraufhin in einem gedeckten oder offenen Marani (vergleichbar mit den bei uns bekannten Weinkellern) im Boden vergraben. Die Trauben werden geerntet, gequetscht und mitsamt Schale, Kernen und Stängeln in die Quervis gefüllt.

Durch das Vergraben im Boden konnte auch vor Jahrtausenden schon eine konstante Temperatur gewährleistet werden. Die meist kühlen Bedingungen führen zu einer langsamen Gährung. Der Prozess nimmt viel Zeit in Anspruch und das Resultat schmeckt deutlich anders als die bei uns bekannten Weine: die Palette reicht von sehr erdig über frisch bis mineralisch und ist dennoch klar als Wein erkennbar.

Und warum erzähle ich dies hier alles? Weil ein supersympathischer, leicht verrückter Schwede namens Jeppe auf der Bjärehalbinsel nördlich von Ängelholm seinen eigenen Marani gebaut hat. In Georgien liess er 19 drei Meter tiefe Quervis anfertigen, die er in seiner Scheune von Hand im Boden vergrub. Das ganze Unterfangen dauerte 10 Monate und so sieht es aus:

Unter jedem Deckel ein Quervi

Jeppe hat einen Weingarten mit etwa 3000 Rebstöcken. Hier experimentiert er mit allem, was die Gegend hergibt: Kompost, Nesseljauche, Muscheln, Algen, Pferdemist… der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Um seine Reben liegen Steine. Diese speichern die Wärme der Sonnenstrahlen und sorgen dafür, dass Jeppes Trauben sich eher wie in einem italienischen denn in einem schwedischen Klima fühlen. Nicht ohne Grund hat Jeppe den Ruf, der einzige Schwede zu sein, der einen wirklich guten Rotwein hinbekommt.

Vejby Vingård

Jeppes Weingut ist demeter-zertifitiert und sein Wein gilt als ’slow wine‘. Er betreibt zudem die nach eigenen Aussagen ‚meistgeöffnete Weinbar der Welt‘ – täglich ist er da, arbeitet in seinen Reben und wartet auf Kundschaft. Dieser erzählt er die Geschichte des Weins und seines Weingarten, schenkt seine Weine ein und lächelt immerzu. Er ist wohl der kommunikativste und herzlichste Schwede, den ich bisher getroffen habe.

Happy Jeppe in seinem Reich
Lauter glückliche Gesichter

Wir probierten drei Weine: zuerst einen Orange Wine. Hierzu werden weisse Trauben wie oben beschrieben mit Schale, Kernen und Stängeln vergoren. Das Resultat ist ein leuchtend oranger, tanninreicher Wein, welcher sehr mineralisch schmeckt. Als zweites gab es Rotwein aus dem Jahr 2021. Tatsächlich schmeckt dieser um einiges gehaltvoller als andere nordische Rotweine. Für meinen Geschmack ist er aber immernoch zu säurehaltig. Als Letztes servierte Jeppe einen Rotwein, zu welchem er seit 14 Jahren immer mal wieder etwas dazugibt: jedes Jahr schüttet er den aktuellen Rotwein-Jahrgang in die Mischung. Das Resultat ist wahrscheinlich der komplexeste Rotwein, den ich jemals getrunken habe: er schmeckt wie Portwein, jedoch ohne die Süsse, dafür aber sehr erdig und beerig und unglaublich lecker!

Jeppe verkauft seinen Wein nicht bei Systembolaget. Er liefert an einige Restaurants in der Umgebung und betreibt seine eigene, für den Alkoholausschank zertifizierte Weinbar. Ursprünglich war er Architekt – heute scheint er einfach nur glücklich.

Mehr Infos findet man unter www.vejbyvingaard.com Und wer uns besuchen kommt, wird – wenn keine starken Widerworte kommen – dorthin mitgenommen.

Ein Gedanke zu “Die Geschichte des Weins

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