Gestrandet

Fertig ist das süsse Leben: 13 Tage dauert es bis zum nächsten freien Tag. Die gute Nachricht: 7 Tage davon sind bereits geschafft!

Nach meinem ersten Arbeitstag zurück in Klåveröd letzten Sonntag und meinem ersten Schultag bei SFI (‚Svenska för invandrare‘) in Höganäs am Montag folgte am Dienstag ein weiterer Schultag. Meine Anfangsbedenken verflogen bald. Lehrerin Melissa managt die riesige Klasse mit Humor, alle kommen zum reden und zum schreiben und mein Schwedisch kommt nun endgültig in die Gänge.

Morgenrot aus dem Rebenmeer

Am Mittwoch war ich in der Schule entschuldigt: in Klåveröd wartete der Winterputz auf uns. Pernilla, Anja und ich saugten Spinnweben von den Decken, versiegelten Böden neu, polierten das Cheminée und putzen unter, zwischen und hinter Betten, Schränken und Tischen. Zudem kochten Anja und ich einmal Pernillas neue Rezepte durch: bei mir gab’s Kartoffelsalat, geräucherten Lachs (am Stück) und Romsås (eine Sauerrahmsauce mit Schnittlauch und falschem Kaviar). Anja brutzelte Teigwaren mit einer Kohl-Hackfleisch-Rahmsauce zusammen. Alles war sehr lecker – die Gäste können sich freuen!

Abendrot nach getaner Putzerei

Am Donnerstag erwachte ich mit leichtem Muskelkater zu einem neuen Schultag. Auf meinem Spaziergang am späten Nachmittag stellte ich erfreut fest, dass ich beginne, manches in schwedisch zu denken.

Zwei neue Freunde – die haben sogar berndeutsch verstanden

Der Freitag war schultechnisch ein Schuss in den Ofen. Melissa war an einer Fortbildung und ihr Vertreter war ein unmotivierter älterer Mann, der schon für den Appell am Morgen zwanzig Minuten brauchte. Auch danach kam nur wenig Freude auf. Ich sag’s mal so: hoffentlich gibt’s in nächster Zeit nicht allzuviele Fortbildungen für Melissa!

Nochmal so ein schönes Morgenrot
Vierbeinige Rasenmäher in den Reben

Irgendwann im Laufe des gestrigen Tages hat ein Arbeiter irgendwo auf dem Weingut irgendein Kabel durchgeschnitten. Gegen Abend wurde es kühler in der Wohnung, die Kochplatten und das Wasser wurden nicht richtig heiss und am Nachbargebäude blinkte wild eine Alarmleuchte vor sich hin.

Heute arbeiteten zwei Elektriker den ganzen Nachmittag an einer Lösung. Finden konnten sie sie bislang jedoch nicht: inzwischen hat unser ganzes Wohngebäude gar keinen Strom mehr, der Inhalt des Kühlschranks steht auf der Terrasse im Schnee und drinnen brennen Kerzen.

Meines Liebsten einsame Romantik

Ich habe derweil Glück: heute und morgen arbeite ich nämlich in Klåveröd. Aufgrund des Schnees spare ich mir die lange Fahrt und übernachte heute in einem gut geheizten Zimmer und habe warmen Tee im Bauch. Am Nachmittag kam Martina mit meinem Lieblingshund Yuna vorbei und wir assen Kuchen, während Yuna unser Wiedersehen sichtlich genoss, bei mir anlehnte und sich ausgiebig kraulen liess.

Eingeschneites Klåveröd

Martina und ich verabredeten uns spontan für’s Abendessen und wir fuhren den Hügel hinunter nach Ljungbyhed und schlugen uns die Bäuche mit Pizza voll.

Vor dem Essen noch eine Runde durch den verschneiten Wald

6 Tage noch. Und dann ein ganzes freies Wochenende!

Ferien, in denen Sie alles vergessen

Bevor auch bei mir der Ernst des Lebens wieder begann, besuchten wir unseren Freund Jeppe, schlürften Wein und unterhielten uns über Rebbau und den schwedischen Winter. Es war wie immer freudig – wir gehen sicher bald wieder!

In Vejbystrand ist’s gefährlich!
Aber auch romantisch

Ich entdeckte zu Fuss neue Ecken:

Mal sichtbar…
…mal eher weniger
Wir liessen uns in Mölle vom Wind zersausen und von der Gischt duschen…
…und entdeckten das Haus unserer Träume: es ist aus dem 18. Jahrhundert, gilt als Baudenkmal, gehört wohl der Gemeinde und steht ganz sicher nie zum Verkauf. Aber träumen darf man ja.

Pünktlich zu meinem Start zurück im Arbeitsleben hingen die Wolken gestern wiederum tief. Der Wind rüttelte kräftig an unserem kleinen blauen Flitzer, als ich ihn durchs endlose Flachland nach Klåveröd steuerte. Die Fahrt ist nun um einiges länger als vorher – es fühlte sich dennoch wie nachhausekommen an.

Blauäugig stürzte ich mich in die Arbeit – erwartete ich doch, dass ich den Laden im Schlaf im Griff habe. Ich putzte Zimmer, schmierte ein paar Sandwiches und machte mich auf einen gemütlichen Tag gefasst. Die Quittung folgte umgehend und ich wurde von Gästen überrannt. Nach dem ersten Gast ging der Filterkaffee aus (ich hatte nicht nachgeschaut und war dementsprechend nicht vorbereitet). Die Alternative aus der brandneuen Bohnenmaschine gab’s nicht – die Maschine machte trotz etlicher Versuche ausser ein paar Piepsgeräuschen gar nichts. Ich berechnete falsche Preise, stellte das Waffeleisen nicht heiss genug ein, das Kartenlesegerät spukte und die Küche verwandelte sich innert kürzester Zeit in ein wüstes Schlachtfeld.

Die Gäste liessen sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie blieben freundlich und warteten geduldig, bis alles da war. Pernilla, die mit einigen Gästen einen Hundespaziergang gemacht hatte, lachte und meinte nur, ich solle mich entspannen und mich daran erinnern, dass man in Klåveröd Zeit habe. Schön, wieder hier zu sein!

Der Montag begann mit vielversprechendem Morgenrot und ich schlug gleich noch ein neues Kapitel auf: seit heute gehe ich hier nämlich zur Schule und lerne endlich richtig Schwedisch. Da ich derzeit nur sehr wenig arbeite, kann ich nun täglich in den Sprachunterricht, das heisst Montag bis Freitag jeweils einen halben Tag.

Ich bin froh, dass es hier nun endlich vorwärts geht und ich täglich mit dieser Sprache arbeiten kann. Inzwischen verstehe ich zwar viel und kann auch einiges erzählen, jedoch habe ich die Sprache noch gar nicht im Gefühl und oft fehlen mir buchstäblich die Worte. Eine grosse Hilfe sind mir hier unter anderem Bill und Bodil, welche ich letzte Woche mit einem Himbeer-Schokoladenkuchen bestochen habe und so zu einem weiteren Nachmittag mit schwedischer Unterhaltung gekommen bin. Die beiden sind auf ganz vielen Ebenen Gold wert!

Der Start im eigentlichen Sprachkurs heute war freundlich, wenn auch etwas chaotisch. Die Klasse ist mit 24 Schülern riesig! Ich bin gespannt, wie das wird. Fortsetzung folgt…

Morgenrot zum Wochenstart